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Fassbinders
politische Vorurteilslosigkeit ist bekannt: „Ich schieße nach allen Seiten, wo
ich merke, dass es stinkt“, antwortete er dem Schauspieler Karlheinz Böhm auf
die Frage, wofür er eigentlich sei, wenn er nicht nur gegen die Rechten,
sondern auch gegen die Linken, gegen die Extreme, gegen die von unten und gegen
die von oben, gegen die Parteien und gegen die Religionen sei.

1968 begegnet
Fassbinder dem französischen Regisseur Jean-Marie Straub, dessen politische
Radikalität ihn stark anzieht. Dennoch war die Haltung dieser beiden
Filmemacher sehr unterschiedlich. Straub arbeitet mit Verweigerung, Fassbinder
exponiert sich, macht sich angreifbar. Manchmal wird der politische Gegenwind
so stark, dass Projekte verhindert werden. Die geplante Aufführung von DER
MÜLL, DIE STADT UND DER TOD in Frankfurt am Main mündete in einen großen
Theaterskandal, in dessen Schatten 1977 auch das Filmprojekt SOLL UND HABEN
geriet, das nicht realisiert werden konnte. ÜBER POLITIK
geht der Frage nach, wie Filmemacher und Filme durch den Umgang mit politischen
Themen selbst zum Politikum werden können.
#3 ÜBER
POLITIK – PROGRAMM
Samstag 14. Juli, ab 17:00 Uhr / Collegium Hungaricum Berlin (.CHB)
Dorotheenstraße
12, 10117 Berlin-Mitte
GESPRÄCHE UND
VORTRÄGE
PETER NAU: FASSBINDER UND JEAN-MARIE STRAUB, “DER VAMPIR”
Straub war 35,
Fassbinder 23 Jahre alt, als sie sich 1968 erstmals begegneten. Über Fassbinders
kurz zuvor gedrehte Kurzfilme sagte Straub, dass sie unter den deutschen Filmen
am meisten Gewalt an sich hätten. Straub und Fassbinder arbeiteten beide am
Action-Theater in München. Fassbinder verwendete in seinem ersten Spielfilm
LIEBE IST KÄLTER ALS DER TOD eine von Straub aussortierte Kamerafahrt der
nächtlichen Autofahrt aus dem BRÄUTIGAM, DIE KOMÖDIANTIN UND DER ZUHÄLTER: eine
Hommage an den „Vampir Straub“. Der politische Umgang mit Film, der nicht
unterschiedlicher sein könnte, spitzt sich nach 1968 zu. Peter Nau zeigt an
diesem Beispiel zwei unterschiedliche Wege der Politisierung von Kunst auf.
Peter Nau,
Filmkritiker, lebt in Berlin. Auswahl an Publikationen: „Zur Kritik des
Politischen Films“ 1978, Filmkritiker-Kooperative Zeitschrift „Filmkritik“,
„Die Filme von Reinhard Kahn und Michel Leiner“ 2010, Kritiken auf
newfilmkritik.de
SOLL UND HABEN – DIE VERHINDERUNG EINES PROJEKTS
1977 plant der
WDR die Verfilmung von Gustav Freytags Roman „Soll und Haben“, der zu den
meistgelesenen Werken im 19. Jahrhundert zählte, unter der Regie von Rainer
Werner Fassbinder. Das Projekt wird nicht realisiert. Der damalige Autor Herbert Knopp hat nun anlässlich von HANDS ON FASSBINDER das Drehbuch erstmals
zugänglich gemacht. Der Regisseur Ralf Hechelmann hat zusammen mit der
Filmemacherin Saskia Walker einen Auszug des gescheiterten Projektes
inszeniert.
Vortrag Herbert Knopp: Das Filmprojekt SOLL UND HABEN von
1976
Herbert Knopp
erläutert, warum die mehrteilige Verfilmung des Romans trotz anfänglicher
Genehmigung abgesetzt wurde.
Gespräch: Bedeutung des Filmprojektes heute
Herbert
Knopp, Ralf Hechelmann, Saskia Walker
Inszenierung einer kurzen Szenenfolge aus SOLL UND HABEN von Herbert
Knopp, frei nach dem Roman von Gustav Freytag.
Adaption: Ralf
Hechelmann, Regie: Saskia Walker und Ralf Hechelmann, Darsteller: Harry Baer,
Michael Golab, Thomas Gumpert
Dr. Herbert
Knopp, Studium der Philosophie, Literaturwissenschaft, Politischen
Wissenschaft; Promotion in Philosophie. Autor, Redakteur, Producer beim ZDF und
Bavaria Atelier. Freier Autor, wohnhaft in München. Drehbücher u.a. „Nur
der Freiheit gehört unser Leben“, nach Horváths „Jugend ohne Gott“,
„Heinrich Heine“, „Annas Heimkehr“. Produktionen u.a. BOLWIESER,
DANN EBEN MIT GEWALT, MENSCHENJAGD.
Ralf
Hechelmann, freier Autor und Regisseur.
HANDS ON FASSBINDER – Filmreihe im Zeughauskino
Filmtermine der begleitenden Retrospektive im Zeughauskino (Teil 3: 7. bis 15.
Juli) 
Eintrittspreise:
Zeughauskino
/ 5,- EUR
.CHB
/ 5,- EUR (erm. 3,- EUR)