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Gestern begann die WOCHE DER KRITIK mit einem Doppelprogramm in den Hackesche Höfe Kinos.

BRÛLE LA MER von Nathalie Nambot, Maki Berchache und Nicolas Rey

und

TRANSFORMERS: THE PREMAKE von Kevin B. Lee

Der Saal war voll. Katrin Eissing hat etwas dazu geschrieben:

Einfach zwei Filme am ersten Abend.

1. Film
Im ersten Bild schon, einer langen Einstellung auf tosende Wellen spüren wir wie grandios und gefährlich das Meer und diese Reise sein wird. Potenz, brüllende Begehrlichkeit saugt am Strand. Welchem ist egal. Der Filmemacher ist gleichzeitig der Held der Geschichte: ein schöner, junger Mann der auf der Betonbrüstung einer Pariser Vorortwohnung Verse deklamiert. Sie erzählen von seiner gefährlichen Irrfahrt durch den Traum, in die Kälte, nach Paris, wo an jedem öffentlichen Gebäude “Fraternité, Égalité, Liberté” geschrieben ist. Wo den Lügnern die Grenzen im Gesicht stehen.

Die Reise über das Meer unternimmt der junge Held als Odysseus‘ Gefährte im brechenden Boot, “das Blau des Himmels, das Blau des Meeres: rund herum war nichts als Blau zu sehen. Wir waren angekommen in der Mitte des Meeres.“

Die Reise auf einem kaputten Floss als Film. Wir lieben diese jungen Männer, die ihr Leben wie stellvertretend riskieren. Wir spüren die künstlerische Freiheit. Ihre Schönheit als Zwischenraum
(mal wieder, oder wie immer und nur deshalb).
Wasser, Land der Künstler, Alles eben. Romantische Verklärung mit und durch ihre gleichzeitige Erklärung wird zu etwas.
Wie soll unsere Welt auch je irgend funktionieren, wenn die jungen Helden ihr Glück oder einen Film nicht machen können oder nie mehr nach Hause zurückkehren werden?
“Mutter, ich sehne mich danach, im Schatten deines Rückens zu sitzen.”

An die 25.000 junge Revolutionäre aus Tunesien sind nach der Revolution auf der Flucht ertrunken… ist irgendwann zu lesen.

Das proklamieren von “Aktivism” mit einem Megafon im Kinosaal wird den tiefen Gefühlen und den Gesichtern der Eltern und jungen Helden nicht gerecht. (Was eigentlich aus seinen vier Schwestern wird? Revolutionärinnen, die nicht ertrinken sondern Grenzen schleifen.)

Dann gleich darauf nach romatischer Musik, super gutem schlechten Ton:

2. FilmTransformers: The Premake: interessant wie ein Gehirn bei der Arbeit.

Im ersten Film überquert der Held das wilde Meer. Im zweiten Film rudern wir alle durch das Netz und sind das Meer und ein Schiff gleichzeitig.

Fanfilmer folgen mit Handys den Dreharbeiten von Transformer (Folge 27 oder so). Der Regisseur dieser Fortsetzungsmaterialschlacht Michael Bay outet sich auf UTube und in diesem Kurzfilm völlig freiwillig als kompletter Schwachkopf.

Hauptperson scheint eine verrückte Maschine (während ich das schreibe schlägt ebay mir vor, ein Schmalfilmschneidegerät mit Viewer auf eine Beobachtungsliste zu setzen.)
Aber auch, wie im ersten Film von Nathalie und Maki, ist der handelnde Held hier der Filmemacher selbst: Kevin B. Lee, der seine Mittel und die der anderen kontrolliert, unseren Blick lenkt. Selbstermächtigungsvirus (fällt mir grad zu, diesmal nicht ebay)

Finden oder Sieben- Muscheln am Strand, Bilder in der Welt, im Netz…
Der Beruf des Filmemachers hat sich verändert. Die auszuführenden Handlungen sind grundsätzlich andere geworden, darum dreht sich die nun folgende, choreografisch interessante (Mikros werden Handelnde) Diskussion auf der kleinen Kinobühne. Der Kameramann von „Brûle la mer“ wirkt wie ein russischer Altgläubiger. Der Sohn oder Enkel chinesischer Immigranten,  Regisseur von „Transformers“ ist Filmkritiker.
Christoph H. spricht von den Grenzen in beiden Filmen und den Kampf für Demokratisierung, ihrer Aufhebung. Einmal durch die massenhaftige Verbreitung und Schöpfung von Neben-, Bei- und Rezeptorfilmen auf und für U Tube, das andere mal durch analoge Selbstentwicklung im eigenen Labor, also Unabhängigkeitbestreben, welches das Material formt bedingt und beeinflusst. Handlung tatsächlich handelnd und materiell in zwangsläufiger ökonomischer Verkettung.

Schade:
Berühmte Filmkritiker ploppen rechts und links neben mir von ihren Sitzen wie Margaritenblütenblätter.

Gruss Katrin

Heute Abend um halb 9 wieder in den Hackeschen Höfen diesmal zum Thema „Genre“:

ON THE JOB von Erik Matti

Anschließend ein Gespräch zum Thema Genre mit internationaler Besetzung, die Spannung verspricht. Vielleicht diesmal mit einer Pause zwischen Film und Gespräch. Wäre schön.

(eingestellt von Franz)