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Fast Forward: Julia Bourget

An Euch!

Eure Filme sind belanglos. Damit kann ich leben. Das Fernsehprogramm, das ihr mir bietet – bis auf einige Lichtblicke – ist ermüdend oder einfach blöde. Damit kann ich auch leben.

Trotzdem besitze ich einen Fernseher, und ich werde ihn behalten. Denn ich schaue sie gerne an – die Reportagen über russische Minenarbeiter, die Dokumentationen, die französischen Spielfilme und Romy Schneider, wenn sie sagt, sie sei zu müde, ihn zu lieben.

Auf eure Gewalt aber kann ich verzichten. Ich will nicht an einem Abend drei Kinder sterben sehen müssen, ich will nicht an dem selben Abend das verängstigte Gesicht einer Frau sehen, die ihrem Vergewaltiger in die Augen sieht, und ich will auch nicht wissen, wie ihr euch einen Mann vorstellt, der langsam im Würgegriff erstickt und welches Geräusch ihr zu einem brechenden Schädel passend findet.

Ich will eure Gewalt nicht. Sie ist so belanglos gestreut wie eure Filme ohne Respekt sind. Ihr macht, dass ich eure Bilder sehen muss. Ich schalte um. Nur eine Sekunde reicht – der Anblick eines angstverzerrten Gesichts brennt sich in mein Gedächtnis ein. Ich bin der Müllplatz eurer belanglosen Ideen. Mit welchem Recht ladet ihr den Abfall eurer Vorstellungskraft in mir ab? Verschont mich mit euren Brutalitäten. Und versteckt euch nicht hinter Action und Entertainment. Tut euch doch zusammen, wenn ihr nicht darauf verzichten könnt, und erfreut euch gemeinsam an Totschlag und Quote auf Kanal Brutal – die digitale Technik macht es möglich. Verschwindet aus meinem Fernseher. Ihr habt Glück, die plurale Gesellschaft ist unverzichtbar. Doch in einem Punkt muss sie sich einig sein – im Schutz der Menschenwürde.

Julia Bourget

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