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Nicolas Wackerbarth: Revolver Live!

„Guten Tag, Frau Vogler. Ich bin Schwester Alma und dafür eingestellt worden, mich in der nächsten Zeit um Sie zu kümmern. Wenn Sie mögen, erzähle ich ein bisschen von mir …“

Im Gegensatz zum Film liegt der Text in unseren Händen, das Recht umzublättern liegt bei uns. Der bereits geschnittene Strom von Bildern dagegen neigt dazu, uns der Sinne zu berauben, verführt sie, manipuliert. Die Lust am Verweilen selbst zu bestimmen, den eigenen Bildern nachzuhängen, führte dazu, daß ich „Persona“ beim Lesen ein zweites Mal sah, nur diesmal mit eigenen Augen. Durch das Drehbuch erschloss sich mir viel bewusster die kristalline Schilderung zwischenmenschlicher Nöte, die feinen Schattierungen der Charaktere, die bedrückende Stille, die verzweifelte Suche. Ich versank in meinen eigenen Bildern. Um wieviel stärker wäre der Eindruck gewesen, wenn ich „Persona“, den Film noch gar nicht gekannt hätte?

„Dies ist kein Drehbuch im herkömmlichen Sinn. Was ich gerade geschrieben habe, scheint mir noch am ehesten eine Melodie zu sein, die ich wohl mit Hilfe meiner Mitarbeiter bei den Dreharbeiten instrumentieren werde. In vielen Punkten bin ich noch unsicher, und an mindestens einer Stelle fällt mir gar nichts ein. Mir ist nämlich klargeworden, dass ich mir ein sehr grosses Thema ausgesucht habe und dass nur höchst beliebige Dinge in das Drehbuch und den endgültigen Film (grässlicher Gedanke!) aufgenommen werden können. Deshalb lade ich die Phantasie des Lesers oder Zuschauers ein, frei über das hier bereitgestellte Material zu verfügen. Ich stelle mir vor, der durchsichtige Filmstreifen …“ (Ingmar Bergmann)

Ich habe mir gedacht, wie es wäre, wenn wir diesen Vorgang miteinander teilen könnten? Wenn wir alle zugleich in einem Raum unsere eigenen Entdeckungen machen könnten? Wenn uns jemand nur mittels des Wortes ins Kino entführt, dem Kino in unserem Kopf?

So dass wir dann natürlich auch Einblicke in den Kopf dieses jemand bekommen könnten, der uns auf diese Reise mitgenommen hat. Wie wäre es also, wenn wir Regisseurinnen und Regisseure bitten würden, Brücken zu bauen in ihre persönliche Filmgeschichte? Wenn wir an ihren Reflexionen teilhaben könnten, bevor es zum endgültigen Film kommt? Wir einen Einblick in die emotionale Grammatik erhalten?

Im Prater der Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz findet seit geraumer Zeit der Versuch statt, die Wechselwirkung von Realität und den Mythen des Kinos mit Stücken wie „soylent green ist Menschenfleisch“ und „Stalker“ zu untersuchen. Wäre hier kein geeigneter Ort, um unsere Phantasie zu trainieren? Wer also Revolver live hören will, ist dazu am 25. OKTOBER um 20 Uhr zum ersten Mal im PRATERKINO herzlich eingeladen. Die erste Veranstaltung steht unter dem Titel: Einführung in eine innere Filmgeschichte. Zu Gast ist der Berliner Regisseur Christian Petzold. Es ist der Auftakt zu der von nun an alle 2 Monate stattfindenden Veranstaltungsreihe REVOLVER LIVE!

Nicolas Wackerbarth

Praterkino
Kastanienallee 7–9
10435 Berlin
Tel. 030/2476772
www.volksbuehne-berlin.de

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