Unser Heft 50 ist gerade frisch aus der Druckerei eingetroffen. Darin auch das Interview mit Sohrab Shahid Saless von 1977 "Stilles Leben in der Fremde", wiederabgedruckt im dreibändigen Werk "Die langen Ferien des Sohrab Shahid Saless. Annäherungen an ein Leben und Werk" von Behrang Samsami. Am 28. Juni 2024 wäre Saless achtzig geworden. Ein Gastbeitrag zum Anlass.
MÜLLER: Was ist der Inhalt deines Romans*?
FASSBINDER: Der handelt von einem Menschen, der gelähmt irgendwo sitzt, sich nicht mehr bewegen kann, ein Hypochonder, dem es noch viel schlechter als mir geht, und der sich sagt: Entweder höre ich auf zu atmen oder ich fange an, über mich nachzudenken.
MÜLLER: Ist das ein Künstler?
FASSBINDER: Nein, ein Geschäftsmann aus der Textilbranche, unverheiratet, wohlhabend. Der hat genug Geld, um Spaß zu haben, aber er schafft’s nicht. Er sitzt da und kann seinen Arm nicht mehr heben. Da fängt er an, über die Vergangenheit nachzudenken, über seine Familie, darüber, was ihn so weit gebracht hat. Der Roman beginnt da, wo er sich nicht mehr bewegen kann, und hört auf, wo er wenigstens wieder seinen Arm heben kann. Dazwischen reflektiert er seine Geschichte und die Phantasien, die er dazu entwickelt.
(Aus einem Interview, das der im April dieses Jahres verstorbene André Müller geführt hat. Es ist in Gänze – neben vielen weiteren Gesprächen – auf Müllers Seite zu finden.)
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„Den geplanten Roman, dessen Titel »Die Reise ins Innere der Trauer« schon feststand und der im Münchner Hanser-Verlag erscheinen sollte, hat der Filmemacher nie abgeliefert.”
(Eingestellt von Christoph)