Was ist aktivistische Filmkritik?
(02.11.2014)
Ruben Östlund – Keine Helden nirgends

Von der „Vergangenheitsbewältigung” hierzulande wird oft behauptet, sie sei vorbildlich und einmalig. Sieht man einmal nur auf die Spielfilme, die in Deutschland zum Thema NS-Diktatur entstanden sind, kommt man zu einem anderen Schluss. Die stärkste Tendenz könnte man als Romantisierung der Ausnahme beschreiben. Besonders populär sind Geschichten, die den Krieg als „Schicksal“ beschreiben, in dem alle Opfer sind. Filme die versuchen, die deutschen Verbrechen direkt zu adressieren, sind einsame Ausnahmen.
Sergei Loznitsa, der seit 2001 in Deutschland lebt, hat sich in seinen Dokumentar- („Blockade”, „Die Vorstellung”, „Maidan„) und Spielfilmen („Im Nebel”) immer wieder mit Geschichte konfrontiert. Die Vergangenheit ist für ihn „keine Schatztruhe, aus der man sich bedienen kann” sondern „Bedingung unserer Gegenwart”, die es zu verstehen gelte.
Anhand von Ausschnitten aus seinen eigenen Filmen und ausgewählten Beispielen aus der Filmgeschichte möchte ich mit ihm über die Frage diskutieren, wie man Geschichte erzählen, zeigen, filmen kann, ohne in die Fallstricke melodramatischer Personalisierung zu geraten und warum es „ohne Distanz kein Verständnis” geben kann, wie Loznitsa immer wieder betont.
Ziel ist ein offener Diskurs. Alle Filminteressierten sich herzlich eingeladen.
Ich freue mich
Christoph Hochhäusler
SERGEI LOZNITSA – FACING HISTORY
Der Regisseur Sergei Loznitsa im Gespräch mit Christoph Hochhäusler. Mit Videobeispielen.
Am Dienstag, den 17. März 2015 um 20 h im Roten Salon der Volksbühne Berlin.
Das Gespräch wird auf Deutsch und Russisch stattfinden. Dolmetscherin: Olga Radetzkaja.
Tickets kosten 8,- Euro bzw. 6,- Euro (ermäßigt).
DER GAST:
Sergei Loznitsa
Geb 1964 in Baranawitschy in Weißrussland (damals Teil der UdSSR). Autor und Regisseur. Aufgewachsen größtenteils in Kiew, lebt er seit 2001 in Deutschland. Studium: Angewandte Mathematik am Polytechnischen Institut (KPI), Kiew; Filmregie an der Filmhochschule WGIK, Moskau. Filme (Auswahl): „Heute bauen wir ein Haus” (Сегодня мы построим дом, Dok. Kurzfilm, 1997), „Leben, Herbst” (Жизнь, осень, Dok. Kurzfilm, 1999), „Haltepunkt” (Полустанок, Dok. Kurzfilm 2000), „Die Siedlung” (Поселение, Dok. Langfilm, 2001), „Porträt” (Портрет, Dok. Kurzfilm, 2002), „Landschaft” (Пейзаж, Dok. Langfilm, 2003), „Die Fabrik” (Фабрика, Dok. Kurzfilm, 2004), „Blockade” (Блокада, Kurzfilm, 2005), „Artel” (Артель, Dok. Kurzfilm, 2006), „Die Vorstellung” (Представление, Dok. Langfilm, 2008), „Nordlicht” (Северный свет, Dok. Kurzfilm, 2008), „Mein Glück” (Счастье моё, Spielfilm, 2010), „Im Nebel” (В тумане, Spielfilm, 2012), „Der Brief” (Письмо, Dok. Kurzfilm, 2012), „Maidan” (Мaйдaн, Dok. Langfilm, 2014). In Vorbereitung: „Babi Yar”.
DER MODERATOR:
Christoph Hochhäusler Geb. 1972 in München. Autor, Regisseur. Revolver-Gründer und Mitherausgeber. Studium: Architektur an der TU, Berlin; Filmregie an der HFF, München. Filme (Auswahl): „Milchwald“ (2003), „Falscher Bekenner“ (2005), „Séance“ (Kurzfilm, Teil des Omnibusfilmes „Deutschland ’09“), „Unter Dir die Stadt“ (2010), „Eine Minute Dunkel“ (Teil der Trilogie „Dreileben“, zus. m. Christian Petzold und Dominik Graf, 2011), „Die Lügen der Sieger“ (2014).
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(30.01.2015)