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Über LEVEL 5 von Chris Marker (1997).

“If some future ethnologist
gets to see these images,

he’ll ponder the funeral rites

of the strange tribes
of the late 20th Century.

I’ll be pleased to give details.

Yes, it was customary for such tribes
to address a familiar
and protective spirit
known as a computer
to some of them
and as an electronic calculator
to others.

They’d consult on everything,

it kept their memory.
In fact, they no longer had a memory,
it was their memory.”

Laura trauert in Videotagebüchern um ihren Geliebten, einen Computer-Spiel Designer. Alles was Ihr von ihm bleibt, ist sein letztes Werk, eine unvollendete Simulation der Schlacht um Okinawa von 1945.

“Laura spent time cyberlooking

for Okinawa witnesses and informants,
but, like in any other network,
she found all sorts of things.”

LEVEL 5 ist eine Meditation über das Phänomen der Erinnerung, jene an das japanische Trauma von Okinawa, sowie Lauras an Ihren Geliebten. Das Gedächtnis – gleich ob als Datenbank oder Wiederhall menschlicher Erfahrung ist hier, ähnlich wie in Marker’s LA JETÉE, Zeitreise und Selbstbegegnung zugleich.

Trotz VGA-Grafik mit 256 Farben hat LEVEL 5 die langen 14 Jahre (das sind 14. Verdoppelungen der Prozessor-Leistung nach dem Moorschen Gesetz) seit seiner Entstehung im Jahre 1997 unbeachtet und unangetastet überstanden.

Mit Leichtigkeit vereint und vernetzt Marker das ungleiche Material, fragmentiert und verdichtet, ohne die Fähigkeit zur Selbstironie, die Lust am Absurden zu verlieren.

Die doppelbödige Intimität in Lauras Video-Botschaften, in der sie sich als Vorbotin der heutigen YouTube-Stars erweist – Vorbotin aus einer besseren Welt – macht das Entdecken von LEVEL 5 auch zu einer unheimlichen Erfahrung, die unsere eigenen Erinnerungen an die Zukunft aktiviert. Noch immer wirkt dieser Film wie ein verschollener Zeitreisender. Man wird das Gefühl nicht los, dass man ihm ein Anderes 2011 gegönnt hätte.

Georg Boch

(Eingestellt von Christoph)