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28 Jahre liegen zwischen den beiden tollen Slacker Filmen, die im Rahmen von Achtung Berlin! gezeigt werden.

Pia Frankenbergs Nie wieder schlafen ist so schön, weil der Film so offen ist in jede Richtung, weil die drei Frauen, die da durch Berlin driften, so neugierig sind auf das, wass passieren könnte. Und die Stadt liefert dafür eine wunderschöne Kulisse. Viel Handkamera von Judith Kaufmann, aber keine verwackelte, sondern eine, die sich verliebt in die Gesichter und Orte, die sich für das Nicht-Geschehen interessiert. Selbst der Alexanderplatz sieht da aufregend aus.

Der Film wurde, als er Anfang der 90er herauskam, sehr angefeindet, speziell von männlichen Filmkritikern, und das interessante ist, dass man heute überhaupt nicht mehr verstehen kann, warum. Manchmal ist es toll, was in 28 Jahren passieren kann. In Nie wieder schlafen gibt es aber auch Szenen, die heute nicht mehr geschrieben würden, weil diese Entwicklung Nebenwirkungen hatte. Und das ist schade. Darüber wäre zu reden in den nächsten Jahren.

In Dreissig von Simona Kostova sind die Leute noch genauso toll, aber die Umgebung, die ist von der kapitalistischen Software verlangweiligt worden. Weniger ist mehr, so rettet sich das moderne Bildungsbürgertum in den selbst gewählten Verzicht. Eigentlich sind es ganz ähnliche Wünsche, die die Hauptfiguren heute beschäftigen: sich hinzugeben oder es eben nicht tun zu können, aber die Leere, die sich da zeigt, die sieht nicht mehr schön aus, sondern die tut sich zwischen den Gesichtern in einer Bar auf. Da ist kein aufregender Raum dahinter wie 28 Jahre früher. Eine der schönsten Kamerafahrten, die ich seit langem gesehen habe, die in ihrer Einsamkeit etwas von den Barszenen in Faces hat. Vor 51 Jahren. Und die Einsamkeit liegt auf den Gesichtern der Menschen, mit denen wir mitgehen, obwohl oder eben genau weil sie immer in einer Gruppe, mit anderen Menschen unterwegs sind, die direkt neben ihnen sind. Vielleicht wären sie weniger einsam, wenn sie nach durchgemachter Nacht mit den drei Protagonistinnen aus Nie wieder schlafen frühstücken würden. Wahrscheinlich würden sie sich über Faces und Husbands unterhalten. Vielleicht auch über Die Beunruhigung und The Souvenir.

Gut, dass es diese Filme gibt, die nicht den Himmel über Berlin erzählen. Beide Filme laufen noch mal. Und zwar Dreissig am Montag um 21 Uhr im fsk. Unbedingt ansehen, denn der Film hat noch keinen Verleih. Verleiher, was ist los!? Und Nie wieder schlafen am Dienstag um 18 Uhr im Bundesplatz Kino. RBB Berlin, was ist los!? Bitte ankaufen. Beide Filme.

Franz