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Die Jagd nach den Schwächen des politischen Gegners ist in den USA ein Volkssport. Zum Spiel gehört es auch, die popkulturellen Vorlieben der Kandidaten auf etwaige Untiefen zu durchleuchten. Wer kann, bleibt in Deckung, während er gleichzeitig Volksnähe und Transparenz suggeriert. Ich erinnere mich an die Liveübertragung einer Art Kreuzverhör zwischen dem damaligen Bush-Kandidaten für den Obersten Gerichtshof, John Roberts und einer Reihe von demokratischen Senatoren. Einer warf Roberts (der sich maximal bedeckt hielt) „Feigheit” vor, weil er CASABLANCA als Lieblingsfilm angegeben hatte. Zum Wahlkampf Obamas gehörte eine raffiniert ausgewogene Playlist, deren Glaubwürdigkeit (als angebliche Jogging-Musik) im Wahlkampf heiss diskutiert wurde. Obamas „Lieblingsfilm” ist übrigens THE GODFATHER, ein Film, den auch Herausforderer (und ehemaliger CEO von Godfather-Pizza) Herman Cain als Favorit angibt (hier sind die Lieblingsfilme der anderen Kandidaten).

Ich komme darauf, weil die Deutsche Filmakademie mit „Mein Film” eine neue Veranstaltungsreihe angekündigt hat, in der Prominente „aus Politik, Kultur, Wirtschaft und Sport” Filme vorstellen, die für sie wichtig sind. Den Auftakt macht Peer Steinbrück (am 30.11.2011, um 19.30 h in der Berliner Astor Film Lounge), der Michael Ciminos THE DEER HUNTER (USA 1978) persönlich vorstellen und diskutieren wird. Mindestens vor dem Hintergrund amerikanischer Taktik eine überraschende Wahl, denn die Darstellung der Vietcong in dem Film ist bis heute umstritten (auf der Berlinale 1979 führte die Aufführung zur Abreise der sowjetischen Delegation) und Regisseur Michael Cimino ist nicht wirklich komfortabel kanonisiert. Andererseits liebt Steinbrück ja die Überspitzung, wie wir spätestens wissen, seit er nach einigen Western-Referenzen in der Schweiz zur persona non grata wurde (ungefähr so verdient wie Lars von Trier in Cannes) – und so darf man durchaus gespannt sein, was er zu dem legendären Film zu sagen hat. 

(Bilder via)

(Eingestellt von Christoph)

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Interessant wäre es doch, wenn die entsprechenden "Prominenten" ausschließlich deutsche Filme vorstellen und besprechen würden. Gerade bei einem Spitzenpolitiker könnte dabei allein die Auswahl des Titels spannende Einblicke liefern…

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